Ausatmen durch den Mund: ja oder nein?

Gestern Abend beim Yoga:

Ich spüre meinen Körper auf der Matte und versuche, den Tag hinter mir zu lassen. Mich auf die Anleitungen der Lehrerin zu fokussieren. Klappt nur mittelgut. 

Aber plötzlich ist mein Fokus da, denn hier ist sie wieder: die Ansage, die derzeit beim Yoga & Sport oft zu hören ist: Langsam eiiiiiinatmen durch die Nase. Und lösend auuuuusatmen durch den Mund.

Ehrlich gesagt überhöre ich das geflissentlich. Und mache währenddessen mein eigenes Ding: Sanft eiiiiiinatmen durch die Nase und langsam auuuuusatmen durch die Nase. 

Denn das Ausatmen durch den Mund kann zwar in manchen Situationen von Vorteil sein. Aber eine allgemeingültige Regel kann man daraus nicht machen.

Schauen wir uns das mal genauer an.

Dass Einatmen über die Nase viele Vorteile mitbringt, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Erwärmung, Reinigung und Befeuchtung der Atemluft zur Vorbereitung auf die Lunge sind nur drei der Wunder-Features unserer Nase.

Aber warum wird das Ausatmen eben nicht immer durch die Nase, sondern manchmal durch den Mund angesagt?

Oder anders gefragt:

Welche Vorteile hat das Ausatmen durch den Mund?

Fakt ist: Das Ausatmung durch den Mund kann tatsächlich Vorteile haben:

  • Wir reduzieren damit Wärme im Körper. Wenn du also im Hochsommer auf der Yogamatte schwitzt, kann das Ausatmen durch den Mund helfen, den Körper etwas runterzukühlen.
  • Beim Ausatmen über den Mund mit gerundeten Lippen (Lippenbremse) sind wir in der Lage, langsam und gleichmäßig auszuatmen und dabei den Bauch-Zwerchfell-Bereich entspannt zu lassen. Wenn du also merkst, dass du beim besonders sanften, langsamen Ausatmen durch die Nase im Bauchbereich verkrampfst, kann die Lippenbremse helfen.

Das sind aus meiner Sicht die beiden Hauptsituationen, in denen Mund-Ausatmung Sinn macht.

Welche Vorteile hat das Ausatmen durch die Nase?

Und was spricht nun für Ausatmung durch die Nase? So ziemlich alles Übrige.

  • Es ist wissenschaftlich belegt, dass wir beim Ausatmen durch die Nase 40 % weniger Flüssigkeit verlieren als beim Ausatmen durch den Mund. Das kannst du mit einem einfachen Versuch ausprobieren: Halte deinen Smartphone-Bildschirm beim Ausatmen vor die Nase und schau, wie viel Bildschirmfläche nach dem Ausatmen durch die Nase beschlagen ist. Danach mach dasselbe mit dem Mund. Du wirst (vermutlich) feststellen, dass bei der Mund-Ausatmung wesentlich mehr beschlagen ist – also: dass du mehr Flüssigkeit ausgeatmet hast. Wenn du also Flüssigkeitsverlust verhindern möchtest, immer schön durch die Nase ausatmen. Für alle Nerds, die die Studie von Svensson et al. (2006) nachlesen möchten: Die gibts hier.
  • Das wichtigste Argument: Wir stärken die Funktion der Nase durch ihre Benutzung. Und nicht dadurch, dass wir beim Atmen den perfekt angelegten Nasenweg außen vor lassen und die Umleitung über den Mund nehmen. Wenn du gern eine freie Nase mit gut funktionierender Schleimhaut hättest, die effektiv vor eindringenden Krankheitserregern schützt, dann atme durch die Nase. Und zwar sowohl EIN als auch AUS.
Also: Atme am besten durch die Nase ein und aus. Außer, wenn du dich schnell abkühlen oder mit besonders entspanntem Bauch-Zwerchfell-Bereich langsam ausatmen möchtest.

Und wenn dein Trainer oder deine Yogalehrerin ansagt, du sollst durch den Mund ausatmen: Nimm dir die Freiheit, es anders zu machen.

Denn nicht umsonst ist die Nasenatmung eine der tragenden Säulen eines funktionalen Atemmusters. Und ein funktionaler Atem ist wiederum eine wichtige Voraussetzung für ein gut reguliertes Nervensystem. Für eine Selbsteinschätzung musst du natürlich erst mal wissen, ob dein Atemmuster funktional oder dysfunktional ist.

Um das rauszufinden, mach gern den kostenlosen Atemmuster-Selbsttest: Wissenschaftlich basiert. Ohne Termin und Wartezeiten, mit PDF direkt zum Runterladen.

Ich wünsch dir gute Erkenntnisse und viel Spaß beim Test! 

Einatmen. Ausatmen. Entspannen. 

Deine Alexandra

ÜBER DIE AUTORIN

Autor

Alexandra Pusch

Alexandra Pusch unterstützt Frauen, die in Beruf & Familie viel Verantwortung tragen. Durch Atemtraining können sie wieder lernen, in Eigenregie Stress abzubauen und das Nervensystem zu regulieren.

Seit 2005 ist Alexandra zertifizierte Atemtrainerin. Sie hat Atmung auch an der Uni studiert: im M.A. Phonetik an der Universität Trier. Daneben hat sie fundierte Fachweiterbildungen im Bereich Atemtraining absolviert, z.B. Buteyko-Methode, Oxygen Advantage, Yoga-Atmung/Pranayama.

Alexandra bietet einen wissenschaftlich fundierten und zugleich alltagstauglichen Zugang zu Atemtraining, Breathwork und aktiver Entspannung. Als Ausbilderin für Entspannungs- und Yogalehrende hat sie zahlreiche Menschen befähigt, die Kraft des bewussten Atems selbst weiterzugeben.

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